Die Engerl gehen Sternsingen

Wie jedes Jahr gehen die Engerl im Neuen Jahr wieder Sternsingen zu den Menschenkindern. So spazieren sie bereits seit längerem fröhlich und lustig kichernd mit ihrem Leit-Stern durch die Straßen von Wien.

 

Da landen sie plötzlich direkt vor einem riesig-großen, schmiede-eisenen Tor. Die Türschnalle ist weit oberhalb ihrer Reichweite. „Ganz schön bedrohlich!“, meint das ängstliche Engerl „so ein dunkles Grau. Ich will gar nicht wissen, was sich dahinter verbirgt“.  „Stellen wir uns einfach übereinander und gucken wir einmal durch das Schlüsselloch“, ignoriert das Angeber-Engerl Jochen Reginas Einwurf einfach großspurig und klettert prompt auf ihre Schultern. „Hey, was soll denn das?“, jammert Regina. Das Sause-Engerl Maxi wiederum stellt sich über Jochen und das Hupf-Engerl Laura ist mit einem großen Hupfer gleich ganz oben auf dem Engerl-Turm. Es muss sich noch immer auf die Zehenspitzen stellen, um durch das Schlüsselloch der geheimnisvollen Türe spähen zu können. Nach einem schnellen Blick hupft es sofort wieder auf die Erde.

 

„Was war denn los?“, fragt Regina, jetzt doch ein wenig neugierig geworden, als sie Lauras erschrockenen Blick bemerkt. Auch Maxi und Jochen sind jetzt sehr gespannt. „Also wer verbirgt sich hinter dem geheimnisvollen Tor?“ „Ein Löwe!“, antwortet da Laura, die sich vom ersten Schreck endlich erholt hat, schließlich zaghaft. Alle reißen die Augen auf. „Ein Löwe?“, wiederholen sie erschrocken im Chor. „Das ist nicht dein Ernst!“ In diesem Augenblick hören sie auch noch ein unheimliches Krächzen gefolgt von einem lauten Schrei. „Wir kehren um“, erklärt Regina und will Jochen gleich bei der Hand mit sich fortziehen.

 

„Jetzt warte doch einmal“, meint Laura. „Ich könnte doch einfach über das Tor hupfen, um zu sehen, was sich dahinter verbirgt.“ „Kommt nicht in Frage!“, ruft Regina entsetzt. Da meint Maxi: „Ich bin das schnellste Engerl, ich sause einmal schnell über das Tor und bevor etwas passieren kann, bin ich schon wieder bei euch. Regina ist zwar nicht ganz überzeugt davon, aber Maxi lässt sich nicht abhalten. „Sei vorsichtig!“, ruft sie im noch nach, da ist er aber schon über dem großen, geheimnisvollen Tor verschwunden. Die Engerl sehen ihn nicht mehr, sie warten kurz, dann rufen sie ihn ungeduldig. „Maxi ist alles in Ordnung? Komm wieder zurück!“

 

Doch da hören sie ein Gekichere, zuerst leise, dann wird es immer lauter, so wie sie es sonst nur aus dem Engerl-Kabarett kennen. „Maxi, bist du übergeschnappt?“, fragt Regina besorgt. Doch in diesem Augenblick taucht Maxis Nase wieder über dem Tor auf, und kurz darauf landet Maxi wackelig und unbeholfen vor dem Tor bei den anderen Engerln. Vor lauter Lachen kann er nicht einmal richtig fliegen. Noch immer sitzt er nach seiner unbeholfenen Landung ganz schief auf dem Boden und hält sich seinen Bauch. Lachtränen kullern über seine Backen. „Was ist denn mit dir los?“, fragt Laura. „Es ist nur so“, stößt Maxi unter andauerndem Lachen hervor. „Das kann ich euch nicht erklären, ihr müsst schon mitkommen!“

 

Da lassen sich die anderen Engerl nicht lange bitten. Jetzt sind sie doch zu neugierig und so fliegen alle vier Engerl über das Tor, sogar Regina hat vor lauter Aufregung ihre Angst vergessen und wagt sich flott darüber, wenn Maxi so viel lacht, kann es ja wohl nicht so schlimm sein. Also sie endlich das Tor überflogen haben und sehen, was sich dahinter verborgen hat, da fangen auch die anderen Engerl an zu kichern. „Na so etwas, da sind wir ja mitten im Tiergarten gelandet!“, ruft Regina erstaunt aus. Hier gibt es tatsächlich einen wilden Löwen und noch allerhand andere gefährliche Tiere. Aber alle sind sicher verwahrt in Käfigen oder hinter Gittern. Da kann kein Tier einem Engerl gefährlich werden.

 

Die Engerl landen gemütlich vor dem Löwenkäfig. Nun ertönt auch wieder das unheimliche Krächzen, gefolgt von dem Schrei. Automatisch blicken die Engerl in die entgegengesetzte Richtung, aus der der Schrei gekommen ist. Da sehen sie gleich den Verursacher, ein Rabe hat sich ein kleines Äffchen als Reittier ausgewählt. Dieses versucht ihn abzuwerfen und stößt immer wieder kleine Schreie aus. „Das ist wirklich zu komisch!“, kichert Regina. Dann meint sie: „Was haltet ihr davon, wenn wir zu den Tieren Sternsingen gehen!“ „Das ist aber eine gar feine Idee! Das machen wir!“

 

Sofort sind alle vier bei der Sache. Sie singen dem Löwen, dem kleinen Affen und noch vielen anderen Tieren die Lieder von den Heiligen drei Königen vor. Die Tiere hören gespannt zu und schenken ihnen aus Dankbarkeit ein Stückchen von ihrem Futter. So sammeln die Engerl nach der Reihe eine Nuss vom Braunbären, eine Banane vom Apfel und eine Kartoffel vom Wildschwein ein. Lustig! Am Schluss setzen sie sich gemütlich auf eine Bank und stärken sich an den Leckereien. Das rohe Fleisch vom Löwen haben sie allerdings dankend abgelehnt.